Wie geht´s denn nun rein ins Labyrinth?

Meister Luhmann hat seine Theorie ja mal als Labyrinth bezeichnet (in Abgrenzung zu einer Schnellstraße zum frohen Ende). Systemtheorie scheint nur schwer in ihrer Gesamtheit greifbar… sie ist nichts was ich irgendwann verstehen werde – zumindest nicht so wie ich bis dahin Verstehen im Sinne von endgültigem Erfassen verstanden habe. Die Theorie stellt mir vielmehr ein Set aus Begriffen (die allerdings mehr als Variablen als begreifbare Dinge zu verstehen sind) zur Verfügung, welche in ihren Relationen zueinander gesetzt werden. So ensteht ein Raster, welches Muster, Symmetrien und Zirkularitäten auf einer sehr abstrakten Ebene (ich denke, genau an dieser Stelle wird der Systemtheorie auch gerne Praxisferne, Kälte, usw. unterstellt – was für ein Quatsch!) verortbar macht. In dieses Raster fügen sich dann Phänomene ein und werden in ihren Mustern, Symmetrien und Zirkularitäten beschreibbar.

Eine Form, die sich öffnet für Vielfalt und Uneindeutigkeit… und gleichzeitig für äußerst scharfe Interpunktionen ein Vokabular bereitstellt. Einmal drin kommt man nicht mehr raus. Das sollte jedem klar sein, der ins Labyrinth rein will. Doch genau da drin fängt der Spaß erst richtig an!

the-creative-process

5 thoughts on “Wie geht´s denn nun rein ins Labyrinth?

  1. Vielleicht kann man eher umgekehrt sagen, mit Hilfe von Systemtheorie gehts raus aus dem Labyrint undurchschauter Wiederholungen und Abhänggkeiten !
    Und last not least: Mit Hilfe von Systemtheorie gehts raus aus der Kälte moralischer Urteile.

    Wilfried Hosemann

  2. Kontingenzerfahrung und Ausschleichen aus der Verantwortung
    Wir leben ja derzeit in einer historisch recht heftigen Zeit. Holt uns zum einen unsere deutsche Geschichte nach 70 Jahren der Befreiung vom Faschischmus fast schon allabendlich am Fernseher ein, erleben wir fast schon gleichzeitig, wie Tausende von Flüchtlingen sich auf gefährlichen Weg übers Mittelmeer machen, in der Hoffnung, dass die entwickelte Hilfesysteme: Hier hilfloses, überladenes Gefährt und dort „Rettung in Sicht“ durch ein Seerecht gedeckt, das die Verantwortlichen in der EU am liebsten wieder aushebeln würden.
    Man könnte, um mit dem Kontingenzbegriff zu argumentieren davon ausgehen, dass historische Ereignisse wie oben angedeutet und gegenwärtige Geschehnisse auf einer unbestimmten Ebene sich ereignen, miteinander zu tun haben, oder auch nicht, das eine Ereignis nun eben mal zufällig 70 Jahre alt ist und das andere ebenso zufällig vor unserer Haustüre sich abspielt. Wir, die Nachgeborenen, sind für die Hintergründe des historischen Ereignisses nicht verantwortlich und verweisen auf die Generationen vor uns, wenn sich nun „zufälligerweise“ die Katastrophe im Mittelmeer abspielt, sind wir dann ebenso „nicht verantwortlich“? Die der Kontingenz innewohnende Unbestimmtheit schottet uns nämlich nicht von der Verantwortung ab, sondern verknüpft sie mit der personalen Ethik, Unbestimmtheit kann nicht heißen, „lass fahren Schicksal dahin“, oder die Verantwortung hierfür den himmlischen Mächten zu überlassen (denen brauchen wir nichts überlassen, sie handeln auch ohne unser Einverständnis). Die Verantwortung kann also nicht vom Kontingenzbegriff entlastet werden, sondern gerade weil die Wirkung von Kontingenz die Folge von Unbestimmtheit und der Unübersichtlichkeit der Komplexität ist, bedarf es der individuellen, wie auch allgemein verbindlichen Verantwortungsübernahme gegenwärtiger Ereignisse.

  3. Wer Verantwortung systemtheoretisch begründet verwässern möchte, blendet m.E. den Beobachter aus. Eine engere Verknüpfung zwischen Beobachter und Verantwortung für Beobachtung habe ich bisher nicht gefunden. Die Weitergabe dieser Verantwortung an die böse weite Welt und/oder die Verschwörer im Hintergrund wird einem richtig schwer gemacht.
    Das theoretische Motiv der Kontingenz „zwingt“ den Beobachter m.E. vielmehr in die Reflexion seiner Beobachtung und damit in die Verantwortung für die Unterscheidungen, die der Beobachtung zugrunde liegen.

    • Meines Erachtens bestehen die Schwierigkieten u. a. aus Folgendem.
      Die Verantwortung für Beobachtung kann nicht komplett auf den Beobachter verlagert werden. Anders gesagt: dem Beobachter zugerechnet werden.
      Denn der Beobachter kann nicht alles beobachten, auch nicht beim besten Willen (die Gesamtbeobachtung ist bekanntlich Gott vorbehalten). Seine Beobachtungsleistungen sind eingebettet in soziale und kulturelle Kommunikationsleistungen.
      Die individuelle Beobachtung korrespondieert mit einer kollektiven, sozial und kulturell verwobenen Art der Beobachtung.
      Das entlastet ihn nicht aus dem Zwang seine Beobachtungen zu reflektieren, sondern beinhaltet eher die weitere Schwierigkeit mit zu denken, an welche Art von Beobachtungsleistungen er anschliesst.
      Und zu welcher Art er mit seinen Beobachtungsleistungen beiträgt.

      Von daher scheint mir das Problem der Systemtheorie weniger ihre Kälte zu sein, sondern dass sie dem Einzelnen zuviel Verantwortung zumutet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte die Sicherheitsabfrage beantworten: *

Proudly powered by WordPress
Theme: Esquire by Matthew Buchanan.